Längen – und Flächenmaße

aus: Ernst H. v. Michaelis, Kirchspiel Wusterwitz Kreis Schlawe in Pommern

Dorfgemarkungen und Hofgrößen wurden in alter Zeit nach Hufen angegeben. Man unterschied die:

  • Haken – oder wendische Hufe, die in den Städten (mit Ausnahme von Rügenwalde?) und in den adligen Dörfern des Kreises Schlawe angewandt wurde, Trippelhufe = 3 Hakenhufen.
  • Landhufe = die später der Fiskus bei der Steuererhebung zu Grunde legte
  • Häger = Hegerhufe, nach der im Rügenwalder Amt und in der Abtei Buckow vorwiegend gerechnet wurde.

Bei der Einordnung von Flächenangaben muß nicht nur auf die Region, sondern auch auf die Zeitangabe geachtet werden ! Morgen im 18. Jahrhundert und früher ist nicht gleich 1 Morgen im 19. Jahrhundert. Dazu einige Beispiele:

1.1  Brüggemann benutze in seiner „Ausführlichen Beschreibung des königlich preußischen Herzogthums Vor- und Hinterpommern 1784“ einen Morgen je 300 qm. Er dürfte damit den Danziger Morgen als einheitliches Maß für ganz Pommern angewendet haben. A. v. Livonius machte danach in ihrem Bericht über den Stüwe-Hof in Starkow folgende Rechnung auf: 8 Ellen oder 16 Schuh (Fuß) = 1 Rute, 256 Quadratfuß = 1 Quadratrute (QR), 300 QR = 1 Morgen, 30 Mg = 1 Hakenhufe, 60 Mg = 1 Landhufe (LH), 120 Mg = 1 Hägerhufe, sie nimmt 1 QR = 16 qm an, damit 1 „Brüggemann- morgen“ = rd. 4800 qm = 0,48 ha. Unter Zugrundelegung dieser Rechnung hätte 1 Hakenhufe 14,4 ha, 1 Landhufe 28,8 ha, 1 Hägerhufe 56,6 ha gehabt. 

1.2  Fritz Verderhalven gibt einen Danziger Mg je 300 Ruten mit 5555,46 qm, danach 1 QR mit 18,5182 qm, eine pommersche Landhufe je 30 Mg mit 19,65319 ha, eine flämische Hufe mit 16,8 ha an. 

1.3  Karl Rosenow rechnet verschiedentlich 2 Hakenhufen = 1 Hägerhufe. An anderer Stelle aber 1 Hegerhufe = 60 Mg = 2 Landhufen = 4 Hakenhufen. 

1.4  F. Boehmer macht in seiner „Geschichte der Stadt Rügenwalde bis 1720“ Angaben über die Größe der Rügenwalder Stadtdörfer: Grupenhagen, Zizow, Sellen, Rußhagen und Suckow in Hegerhufen und Besetzung mit Bauern und Kossäthen (cot sete= der auf dem Katen gesessene) in der Zeit zwischen 1614 und 1718. Setzt man diese Angaben in Relation zu den später ausgewiesenen Gemarkungsgrößen in ha unter Berücksichtigung der Absiedlung von Schöningswalde und Sackshöhe, dann differiert die Hägerhufe zwischen 13 ha in Zizow und 47 ha in Sellen. 

1.5   Ernst Helm leitet die Hufenverfassung der Abteidörfer vom flämischen Recht ab, das die Siedler der Zisterzienserdörfer aus ihrer ursprünglichen Heimat in Flandern, Holland und Westfriesland nach Mecklenburg und Vorpommern und von dort aus in das Schlawer Land mitgebracht hätten. Er rechnet die Hägerhufe zu 60 Mg und meint den preußischen Morgen.. Er berichtet, dass bei der Säkularisation des Klosters Buckow im „Extrakt und Anschlag der Veltklöster“ 250 ½ Hägerhufen, 158 ½ Landhufen und 57 ½ Hakenhufen ausgewiesen sind. Daraus folgert er, dass die Abteidörfer von Böbbelin bis Martinshagen in Hägerhufen, die südlichen Dörfer der Abtei, Panknin, Göritz, Malchow, Parpart nach Landhufen und Karnkewitz nach Hakenhufen eingeteilt waren. Er greift dabei zurück auf die Arbeit von Emil Gohrbandt, Stettin in den Monatsblättern der Gesellschaft für pommersche Geschichte und Altertumskunde. Er ist der Auffassung, dass sich das flämische Recht auf den Erbzins- und  Kaufhöfen in der Abtei bis in die jüngere Zeit erhalten habe. 1732 habe der preußische Staat den Hufen eine neue Bemessungsgrundlage gegeben und die Landhufe den Hägerhufen angeglichen. Diese neue Landhufe habe 115 preußische Morgen gehabt, also umgerechnet 29,325 ha. 

1.6  Seit Beginn des 18. Jahrhunderts werden in Preußen die Hufen in das feste Verhältnis 1:2:4 gebracht. Gohrbandt, der sich auf die Akten im Staatsarchiv Stettin stützt, gibt an die Hakenhufe15 Mg = 9,82 ha, Landhufe = 30 Mg = 19,65 ha, Hägerhufe = 60 Mg= 39,3 ha. 

1.7 I n den Gutachten zu den Stein – Hardenberg’schen Reformen wird der spätere Preußische Morgen noch Magdeburger Morgen genannt, 1 Magdeburger Morgen = 120 Morgen. 

1.8  Die preußische Maaß – und Gewichtsordnung vom 16.5.1816 vereinheitlicht die Größen unter Zugrundelegung des Pariser Normalmeters.. Die Maaß- und Gewichtsordnung des Norddeutschen Bundes führt 1869 das metrische System ein. Danach gilt nun:
 1 Fuß = 12 Zoll= 0,31385 m; 1 Quadratrute = 14,185 qm, 1 Elle = 25 ½ Zoll = 0,66694 m, 1 Morgen = 180 QR = 0,25532 ha, 1 Ruthe = 12 fuß = 3,7662 m. 
Das sind jetzt authentische und für Preußen einheitliche Zahlen! Aber bis wann haben sie sich in der Provinz überall durchgesetzt? 
Johannes Becker rechnet im 3. Jahresbericht des Progymnasiums Schlawe 1874/75 unter Zugrundelegung dieser Zahlen die Haken oder wendische Hufe zu 38,48583 preuß. Morgen, also rund 9,8 ha (s. 1.6.) er kommt damit bei der Berechnung der Feldmark der Stadt Schlawe zu einem annähernd deckungsgleichen Ergebnis. Diese Rechnung deckt sich fast mit dem Vergleich der Feldmark von Malchow, die v.Salis in seinen „Untersuchungen zum pommerschen Urkundenwesen 1909“ anstellt: Um 1300: 110 Hufen, 1909 etwas weniger als 1400 ha, also 1 Hufe etwas mehr als 11 ha oder 40 Mg. 

1.9  Die Gemeinheitsteilungsrezesse rechnen nach steuerbaren Landhufen (Ldh) = 120 Mg, nach preußischen Morgen umgerechnet = 30,6834 ha. In der Zeit, in der die Auseinandersetzungen um die Bauernbefreiung laufen, kommt es zu einer Umstellung, wonach 1 Alte Landhufe = 8/10 „Rdldf“ (Rd?) werden, also möglicherweise 1 Rd-Landhufe = 96 Mg = 24,5 ha. In Pustamin ist es sicher, dass nach Rd-landhufen gerechnet wurde.

1.10  Die Vereinfachung auf 1 Morgen = 1 Viertelhektar (vha) = 0,25 ha setzt sich erst in den 20er Jahren dieses Jahrhunderts durch. Verpachtungen erfolgten aber bis in die Vorkriegszeit noch im allgemeinen nach der QR. „Messruten“, hölzerne Zirkel, mit denen man Geländestücke abschritt, um die etwaige Größe festzustellen, waren auf den Betrieben sowohl mit einem Abstand der Schenkelspitzen voneinander von 2 m für den vha, als auch von ½ Rute= 1,8831 der Hälfte einer „kleineren“ Rute und, so glaubt sich der Berichterstatter aus Quatzow zu erinnern, von etwa 2,5 m der Hälfte einer „grossen“ Rute vorhanden, von denen der Morgen nur 120 QR hatte. 

1.11 Kulmische Hufe = 66 2/3 Morgen je 5601,17 qm je 300 QR zu 18,67 qm = 37,35 ha. 

1.12 Seil (finiculus), als Längemass = 42 Ellen = 25, 316 m als Flächenmass = 85,107 qm.

Aus diesen Beispielen für das Durcheinander der Meinungen aus der Literatur zu diesem Thema ist zu folgern: 

  • 1. Die Hufe war keine feststehende, einheitliche Maßeinheit, sondern die Bezeichnung für die Aufteilung der Feldmark eines Dorfes unter bestimmten Rechtsvorstellungen, unter örtlichen Verhältnissen und wahrscheinlich auch unter z.Z. geltenden Bonitätsgesichtspunkten. Der Umfang einer Hufe kann daher von Dorf zu Dorf verschieden sein.. Die verschiedenen Hufen sollen auch verschiedene ursprüngliche Wirtschaftsformen unterschieden haben. Die Gebiete mit Hakenhufen, vom hölzernen Hakenpflug abgeleitet, verharrten noch lange Zeit in der aus wendischer Zeit überlieferten Wirtschaftsweise. Die Landhufe kennzeichnete im allgemeinen die genossenschaftliche Bewirtschaftung mit Flurzwang. Die Hägerhufe gab die weitgehend freie Wirtschaft durch den einzelnen Bauern an. 
  • 2. Ein Bauernhof hatte häufig mehr als 1 Hufe. Für Zizow z.B. gibt Boehmer in der Geschichte von Rügenwalde je Hof 9 Hegerhufen an. Bei dieser Zahl dürfte es sich um einen Druckfehler handeln. Die Nachrechnung ergibt 3-4. 
  • 3. Eine genaue Definition einer Hufe für den jeweiligen Ort könnte nur durch einen Vergleich alter und neuerer Vermessungsunterlagen erarbeitet werden. Solche Untersuchungen sind bisher für unsere ostpommersche Heimat nicht bekannt. 
  • 4. Mit festen Maßen kann erst seit der Mitte des vorigen Jahrhunderts gerechnet werden, nachdem der preußische Morgen auf „22,532 Are“ festgelegt worden war.
 
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erstellt von Margret Ott Letzte Aktualisierung Donnerstag, 17. April 2003